Augenheilkunde: Wartezeiten belastend

Es gibt Abstimmungsbedarf in Sachen Augenheilkunde: Einerseits glauben viele Konsumenten, es sei mit dem Gang zum Optiker getan. Andererseits gibt es bei den Augenärzten, die immer tiefer in den Hintergrund dieses wichtigen Organs blicken, Wartezeiten. Zusätzlich findet in der Ophthalmologie derzeit auch eine Revolution in Sachen High-Tech-Diagnose und High-Tech-Behandlung statt, die in Österreich bisher vor allem in den Spitälern umgesetzt wurde. Eine Neuordnung von Agenden über einzelne Gesundheitsberufe und Sektoren (Krankenhäuser, niedergelassene Praxis) hinweg ist hier notwendig, hieß es bei einem Pressegespräch am Rande der Alpbacher Gesundheitsgespräche.

Nur 40 Prozent der Bevölkerung haben keine Augenprobleme, ergaben die Daten aus einer repräsentativen Umfrage (rund 1.000 Probanden). 50 Prozent brauchen eine Sehschärfenkorrektur. Je zehn Prozent berichten von trockenem Auge oder Entzündungen, fünf Prozent von Grauem oder Grünem Star. In den vergangenen Jahren kam es zu einem teils heftigen Konkurrenzkampf zwischen Augenärzten und Optikern. Dazu ein Faktum aus der Umfrage: Mit der Terminvergabe „sehr zufrieden“ waren nur 27 Prozent beim Augenarzt, jedoch 70 Prozent beim Optiker. Das Problem liegt darin, dass sich im Auge (Diabetes, Makula-Degeneration, Schwach- und Fehlsichtigkeit bei Kindern) auch Erkrankungen zeigen können, die nicht per Sehschärfenfeststellung diagnostiziert werden können.

Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer: „Wir sollten die Bevölkerung viel intensiver über die Möglichkeiten aufklären, die der Augenarzt hat. Dass es Wartezeiten gibt, ist uns bewusst.“ Wobei die „Optiker-Augenärzte-Konkurrenz“ nur noch ein Teil des Problems ist. Johannes Steinhart, Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte: „Lesebrillen bekommt man ja bereits auch in großen Tankstellen.“ Dort gibt es naturgemäß überhaupt nur noch Produkt-Verkauf.

Sensible Kinderaugen

Besonders vulnerabel sind Kinder. Gabriele Seher, Stellvertretende Obfrau der Wiener Augenärzte: „Das kindliche Auge lernt das Sehen in den ersten Jahren. Beide Augen lernen gemeinsam – und jedes für sich.“ Komme es zu einer Sehschwäche auf einem Auge (vier bis sechs Prozent der Kinder), kapere das andere die entsprechenden Nervenzellen im Gehirn und es entstünde eine irreparable Sehschwäche auf einem Auge. Deshalb sollten alle Kinder bis ins Schulalter einmal jährlich zum Augenarzt. Gerade in den vergangenen Jahren haben sich die diagnostischen Methoden und die Therapien in der Augenheilkunde dramatisch weiter entwickelt. Ein Beispiel ist die Behandlung der der altersbedingten, feuchten Makuladegeneration durch regelmäßige Injektion von monoklonalen Antikörper-Präparaten/ Konstrukten, mit der auch eine deutliche Verbesserung der Sehfähigkeit erzielt werden kann. Peter Gorka, Vorstandsmitglieder der Österreichischen Gesellschaft für Augenheilkunde: „Ich erlebe eine technologische Entwicklung, die der Finanzierung voranläuft. Der Schritt, dass das von den Spitälern in den niedergelassenen Bereich herauskommt, verläuft mit Verzögerung.“

Fazit: Sowohl in Diagnose als auch in Therapie eröffnet sich die Gefahr, dass die modernste Augenheilkunde ein „Privileg“ des teuersten Umfelds – des Spitals – bleibt oder in den Privatbereich abschwimmt. Ein neues Modell soll – von Oberösterreich ausgehend – mit einem ersten Projekt die Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Apothekern etc. im Bereich der Augenheilkunde verbessern und das Bewusstsein der Bevölkerung für die Früherkennung und regelmäßige Kontrolle ausweiten. Anhand einer noch zu erstellenden Check-List, so auch die OÖ-Apothekerkammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr sollen unter den Apothekenkunden jene speziell angesprochen werden, für die eventuell der Gang zum Augenarzt dringend angeraten wäre. Das sind zum Beispiel Patienten, die immer wieder wegen rezeptfreien Produkten in Sachen Augen in die Apotheke kommen.

Quelle: APA, 20.8.2012 – Link zur Originalmeldung in derstandard.at

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